Was kann von der Anwendung der Oxalsäure gegen die Varroa erwartet werden?
Charrière Jean-Daniel, Imdorf Anton und Fluri Peter
Forschungsanstalt für Milchwirtschaft
Sektion Bienen
Liebefeld - 3003 Bern - SWITZERLAND
Das heute empfohlene Konzept der alternativen Varroabekämpfung sieht als Ergänzung zu den Sommerbehandlungen mit Ameisensäure oder Thymol eine Herbstbehandlung im brutfreien Zustand der Völker vor (Imdorf und Charrière, 1998). Diese Massnahme am Ende der Saison reduziert die Varroapopulation noch so weit, dass die Milbenzahl bis zur nächsten Behandlungsperiode im August-September des folgenden Jahres unter der Schadenschwelle bleibt (Voraussetzung: Keine Invasion von aussen). Der Praxis stehen für diese Herbstanwendung verschiedene Präparate zur Verfügung: Neben den systemischen Heilmitteln Perizin und Apitol, die einfach anzuwenden sind aber das Risiko von Rückständen und von Resistenz (Lodesani, 1996) mit sich bringen, wird häufig die Oxalsäure empfohlen. Im Moment stehen den Imkern mit dem Sprühen und dem Träufeln zwei Anwendungen zur Auswahl.
In diesem Artikel vergleichen wir diese beiden Vorgehen hinsichtlich der Wirksamkeit auf die Milben und der Nebenwirkungen auf die Bienen.
Sprühen
Anwendungsweise
Es wird eine Oxalsäurelösung aus 30 g Oxalsäuredihydrat und 1 Liter Wasser verwendet. Pro Wabenseite mit Bienen werden 3 - 4 ml dieser Lösung von Hand mit einer Zerstäuberflasche aufgesprüht. Die Methode eignet sich besonders für Bienenvölker in einzargigen Magazinbeuten, z.B. Dadant Kasten. Viele Imker behandeln auf diese Weise aber auch Völker in Schweizerkasten und äussern sich darüber befriedigt. Werden bei der Anwendung die nötigen Vorsichtsmassnahmen wie Atem- und Augenschutz und Tragen von Handschuhen eingehalten, so besteht für den Anwender keine Gefahr. Es ist vorteilhaft, bei mindenstens 7°C zu behandeln.
Die Sektion Bienen führte 1994 und 1995 in den Monaten November und Dezember auf mehreren Ständen im schweizerischen Mittelland Versuche mit der Sprühbehandlung im brutfreien Zustand der Völker durch. Die Kontrollbehandlung mit 50 ml Perizinlösung erfolgte frühestens 2 Wochen nach der Oxalsäurebehandlung. Der Milbenfall wurde während der ganzen Versuchsperiode wöchentlich ausgezählt und mit Hilfe von gittergeschützen Unterlagen erfasst. Der Behandlungsmilbenfall von Oxalsäure und Kontroll wurde als 100% berechnet.
Wirksamkeit der Sprühbehandlung
Der durchschnittliche Behandlungserfolg der Oxalsäure lag 1994 bei 98.3% und 1995 bei 97.4%. Von den 112 Versuchsvölkern wiesen 101 einen Behandlungserfolg von über 95% auf (Tabelle 1). Zwischen den Jahren, den Ständen und den Kastentypen wurden keine signifikanten Unterschiede festgestellt. Ein weiteres Qualitätsmerkmal sind die geringen Unterschiede im Behandlungserfolg zwischen den einzelnen Völkern.
Eine so gute Wirksamkeit kann nur in brutfreien Völkern erreicht werden. Ein Versuch von 1995 bestätigte dies: Anfangs September behandelten wir 10 Völker, welche durchschnittlich 12 dm2 gedeckelte Brut aufwiesen (min 8 dm2; max 15 dm2). Die Wirksamkeit erreichte im Mittel nur 61 % (min. 42%, max. 87%).
* = Summe des Milbenfalls nach der Oxalsäure- und der Perizinbehandlung.
Nebenwirkungen auf die Bienen
Bei den Bienen konnten bei normaler Dosierung keine sichtbaren Nebenwirkungen festgestellt werden. Sie verhielten sich während und nach der Behandlung sehr ruhig. Es wurde anschliessend auch kein erhöhter Bienentotenfall beobachtet. Das Öffnen der Völker im November hatte keine negative Auswirkung auf die Volksentwicklung zur Folge.
Träufeln
Anwendungsweise
Es wird eine Lösung aus 1 Gewichtsteil Oxalsäuredihydrat und 10 Teilen Wasser sowie 10 Teilen Zucker verwendet. Davon werden 5 ml mit Hilfe des Perizindosiergerätes oder einer Spritze in jede besetzte Wabengasse geträufelt. Ein schwächeres Volk benötigt insgesamt etwa 30, ein mittleres etwa 40 und ein starkes Volk 50 ml der Lösung. Die Behandlungen sollten bei über 5 °C durchgeführt werden. Vor der Verwendung ist die Lösung auf Raumtemperatur zu erwärmen. Der Arbeitsaufwand ist im Vergleich zur Sprühmethode kleiner, weil das Auseinandernehmen der Völker entfällt.
Wir haben die Oxalsäure-Träufelmethode im Herbst-Winter 1997-98 an 95 Völkern auf 11 Ständen, verteilt über die ganze Schweiz, getestet. Die Behandlungen erfolgten im November oder Dezember an brutfreien Völkern. Frühestens 2 Wochen später wurde eine Kontrollbehandlung mit 50 ml Perizinlösung oder mit Oxalsäure-Sprühen durchgeführt (Imdorf und Kollegen, 1997). Der Milbenfall wurde während der ganzen Versuchsperiode wöchentlich mit Hilfe von gittergeschützen Unterlagen erfasst.
Wirksamkeit der Träufelbehandlung
Der durchschnittliche Behandlungserfolg für die 95 Völker lag bei 98.5%. Zwischen den Völkern und Ständen ergaben sich relativ geringe Unterschiede (Tabelle 2). Der Behandlungserfolg ist mit demjenigen der Sprühbehandlung (Tabelle 1) absolut vergleichbar. Die Beurteilung der Wirksamkeit darf sich nicht allein auf den Behandlungserfolg in Prozenten stützen. Bedeutend für jedes einzelne Volk ist die Zahl der durch die Behandlung nicht abgetöteten Milben. Sie wurde durch die Kontrollbehandlung mit Perizin oder mit Oxalsäure sprühen erfasst. Der durchschnittliche Milbenfall der Kontrollbehandlung pro Stand lag zwischen 1 und 23 Milben pro Volk. Die Werte für die einzelnen Völker lagen mit einer einzigen Ausnahme unter 40 Milben. In der Praxis würden diese Milben überwintern und die Startpopulationen für die folgende Bienensaison bilden. Aus solch niedrigen Ausgangszahlen können sich in einer Bienensaison keine für die Völker gefährlichen Milbenpopulationen entwickeln. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass keine grösseren Invasionen von aussen vorkommen.
Nebenwirkungen auf die Bienen
Während den zwei Wochen nach der Behandlung ist mit vereinzelten toten Bienen zu rechnen. Auf einigen Versuchsständen fanden wir im Frühjahr 1998 allgemein schwache Völker vor. Diese Feststellung wurde allerdings in der Schweiz sowie im Ausland auch auf vielen Bienenständen gemacht, welche nicht mit Oxalsäure behandelt worden waren. Da schlüssige Vergleichsversuche noch fehlen, kann die Bienenverträglichkeit der Oxallsäure-Träufelmethode im heutigen Zeitpunkt noch nicht definitiv beurteilt werden. Für den Herbst 1998 bis Frühjahr 99 sind Versuche geplant, um diese spezifische Frage abzuklären und um die Formulierung, die Konzentration und die Dosierung zu optimieren.
Von einer wiederholten Behandlung der Bienenvölker im Sommer und Herbst mit der Oxalalsäure-Träufelmethode muss vorläufig abgeraten werden. Die Gründe dafür sind die ungenügende Wirkung in Völkern mit Brut und die möglicherweise schlechte Verträglichkeit durch die Bienen.
Schutzmassnahmen
Bei der Anwendung von Oxalsäure müssen immer säurefeste Handschuhe und Schutzbrille getragen werden. Beim Sprühen der Oxalsäurelösung ist eine Atemschutzmaske des Types FFP2SL, EN 149 zu tragen. Sämtliche Produkte, welche zur alternativen Varroabekämpfung benötigt werden, sind im Fachhandel erhältlich. Das Herstellen von Oxalsäurelösungen sollte nur von Fachpersonen vorgenommen werden.
Fazit
- Zwischen dem Behandlungserfolg der Sprüh- und der Träufelmethode besteht kein Unterschied. Er liegt im Durchschnitt über 95%.
- Eine so gute Wirksamkeit gegen Varroa kann nur in brutfreien Völkern erreicht werden.
- Die Bienenverträglichkeit bei der Träufelmethode ist geringer als bei der Sprühmethode. Deshalb ist die Anwendung der Sprühmethode vorläufig zu bevorzugen.
- Von einer Mehrfachbehandlung mit Oxalsäure träufeln ist abzuraten.
Literatur
- Imdorf A., Charriere J D., Bachofen B. (1997) Kontrolle der Wirksamkeit von Bekämpfungsmethoden gegen Varroa jacobsoni mit Hilfe der Oxalsäure. Apiacta, 32 (3) 89-91.
- Imdorf A., Charrière J.D. (1998) Wie Können die resistenten Varroamilben unter der Schadenschwelle gehalten werden? Schweiz. Bienen-Zeitung 121 (5) 287-291.
- Lodesani M. (1996) Variabilità dell'efficacia terapeutica ottenuta con trattamento di Perizin. L'Ape Nostra Amica (5) 4-9.