Hefen und Glyzerin in Blütenhonigen
Nachweis einer Gärung oder einer abgestoppten Gärung

Harald Rußmann, Handelslabor Dr. Wiertz / Dipl.Chem. Eggert / Dr. Jörissen GmbH, Hamburg

hefen 1

Honige mit hohen Wassergehalten (über 18%) sind ein guter Nährboden für das Wachstum von osmophilen Hefen, d.h. Mikroorganismen, die auch bei höheren Zuckerkonzentrationen vermehrungsfähig sind.

Für diese Gärung ist eine (zeitabhängige mehr oder minder starke) Vermehrung der Hefezellen sowie die Bildung von Alkohol, Glyzerin, flüchtigen Säuren und weiteren chemischen Verbindungen charakteristisch.

Die Honig-Verordnung [13] legt fest, daß Honig, der als Speisehonig bezeichnet wird, nicht in Gärung übergegangen sein darf. Bei Honigen kann eine Gärung, die z. B. aufgrund zu früher Ernte eingesetzt hat, durch Wasserentzug (Band- oder Vakuumtrocknung) gestoppt werden.

Nach einer derartigen Behandlung kann nach allgemein gültiger Auffassung Honig nicht als Speisehonig bezeichnet werden [6].

Nach den Begriffsbestimmungen in Anl. 1 der Honig-Verordnung findet die Reifung des Honigs in der Wabe statt. Ein Reifekriterium ist das weitgehende Verdeckeln der Waben durch die Biene.

Bei einer Reihe von Honigen, insbesondere chinesischer Herkunft oder mit Anteilen davon, wurde im Rahmen der mikroskopischen Prüfung der Pollen ein hoher Anteil an Hefen beobachtet.

An diesen Proben wurde parallel der Glyzeringehalt mit dem Ziel untersucht, Richtwerte für den Nachweis einer Gärung bzw. abgestoppten Gärung zur Diskussion zu stellen, hierzu auch (5, 7, 8).

Material und Methoden

Proben: Blüten- und Honigtauhonige, als Zufallsmuster im Handel gekauft; gärige Honige, Honige mit abgestoppter Gärung und "unauffällige" Honige, von Firmen und Bieneninstituten zur Verfügung gestellt. Es sei hervorgehoben, daß die Proben nicht repräsentativ für den deutschen Honigmarkt sind.

Glycerinbestimmung:

Die Glycerinbestimmung wurde enzymatisch mit dem Standard -Testkit der Fa. Boehringer Mannheim durchgeführt:

Ca. 15 g Honig (genau eingewogen) in Wasser lösen und auf 100 ml auffüllen. Zur Untersuchung wurden 0,5 -1 ml dieser Lösung herangezogen. Die Messung erfolgte in einer 1-cm-Küvette bei 340 nm.

Bestimmung der Anzahl der Hefen:

Als Grundlage für die Ermittlung der Hefenzahl dienten die Arbeiten von Louveaux et al (9): 15 g Honig in 30 ml Wasser lösen und zentrifugieren. Überstand dekantieren, das Sediment in 10 ml Wasser aufnehmen und erneut zentrifugieren.

Nach Dekantieren das Sediment (je nach Menge) in 0,5 - 1 ml Wasser aufnehmen. Nach sorgfältiger Durchmischung mit einer Pasteurpipette 0,15 ml der Suspension auf einen Objektträger aufbringen und auf einem Streckbad trocknen.

Das trockene Sediment mit einem Tropfen Glyzeringelatine versetzen und mit einem Deckglas verschließen. Die Auszählung der Hefen erfolgt bei 400 - 500facher Vergrößerung. Es werden 3 - 5 repräsentative Blickfelder (festgelegt bei 400facher Vergrößerung) ausgezählt, der Mittelwert berechnet, mit der Zahl der Blickfelder multipliziert und auf eine Einwaage von 10 g hochgerechnet.

Zusätzlich zur zeitaufwendigen Auszählung wurde an verschiedenen Proben die Anzahl der Hefen geschätzt. Nach Vorbereitung der Honige wie oben beschrieben wurde nur ein repräsentatives Blickfeld ausgewertet.

hefen 2

Ergebnisse

Die Auswertung der Analysen von Blütenhonigen zeigt eine gute Korrelation zwischen Hefe- und Glyzeringehalten (Abb. 1 und 2). Niedrige Hefegehalte gingen mit niedrigen Glyzeringehalten einher und umgekehrt (Abb. 1 und 2).

Es war hierbei ohne Einfluß, ob die vorhandenen Hefen aus einer abgestoppten Gärung stammten oder noch aktiv waren. Es ergaben sich Korrelationskoeffizenten von 0,958 bei der Auszählung und von 0,948 bei der Schätzung der Anzahl der Hefen. Die Schätzung ist nur bei ausreichender Erfahrung anwendbar und verläßlich.

Bei Honigtauhonigen war die Korrelation mit 0,847 schlechter als bei Blütenhonigen. Die hier geschilderten Sachverhalte sind auf diesen Honigtyp nicht bzw. nur eingeschränkt zutreffend.

Aus Tab. 1 geht hervor, daß bei Hefegehalten von >500 000/10 g Honig die Glyzeringehalte bis auf wenige Ausnahmen >300 mg/kg liegen.

Vergleichbare Größenordnungen wurden von Laub u. Marx [7] genannt: 72% der dort untersuchten Blütenhonige wiesen Glyzeringehalte <200 mg/kg auf, 18% <300 mg/kg. Diese Zahlen wurden durch die Arbeiten von Huidobro et al. [8] weitgehend bestätigt. In Abb. 3 und 4 werden unterschiedliche Gehalte an Hefen dokumentiert.

Diskussion

Honige aus China weisen zum Teil extrem hohe Gehalte an nicht mehr gärungsfähigen Hefen auf. Dies hängt mit der Imkerei-Praxis in China zusammen; der Honig wird dort häufig unreif, mit Wassergehalten von 20-28%, geerntet. Er wird von den Inkern über weite Strecken zu den Aufkäufern transportiert.

In dieser Zeit ist ein hohes Risiko gegeben, daß der unreife Honig zu gären beginnt. In den Exporthäfen wird dann mittels einer Vakuumtrocknung der Wassergehalt reduziert und eine begonnene Gärung gestoppt.

Eine merkliche Veränderung der Diastase und HMF-Werte ist damit nicht verbunden. Der Honig verliert jedoch einen Teil seiner Aromastoffe, bei gegorenen Honigen verschwinden Gärungsprodukte wie Alkohol und flüchtige Säuren.

Mit Vakuum behandelte Sortenhonige weisen andere sensorische Eigenschaften auf als vergleichbare nicht behandelte Honige. Die im Honig verbleibenden Hefen sind in der Regel nicht mehr gärungsfähig. Aufgrund des Verlustes an flüchtigen Substanzen kann für den Nachweis einer abgestoppten Gärung nur ein schwerer flüchtiges Gärungsprodukt wie Glyzerin herangezogen werden.

Auch in Blütenhonigen aus tropischen Ländern liegt der Wassergehalt infolge der besonderen klimatischen Bedingungen höher als bei Herkünften aus gemäßigten Klimazonen. Der Honig wird reif geerntet, durch die >18 % liegenden Wassergehalte kann es jedoch ebenfalls zu erhöhten Hefegehalten kommen. In solchen Honigen nachweisbare Hefen sind jedoch meist gärungsfähig, da typischerweise kein Wasserentzug stattfindet.

Honigtauhonige sind in Bezug auf Gehalte an Hefen differenzierter zu bewerten. Hier kann bereits der Ausgangsstoff "Honigtau" mit Hefen belastet sein und gegoren haben, ohne daß der Honig selbst gegoren hat. Dies wird durch Zander et al. [12] bestätigt. Von Laub und Marx [7] wurde eine Unterscheidung zwischen Blüten- und Honigtauhonig über den Glyceringehalt diskutiert. Es gibt jedoch auch Honigtauhonige, deren Glyzerin- und Hefengehalte ähnlich niedrig liegen wie bei Blütenhonigen, die unbelastet von Hefen sind

______________________________________
Tab. 1 Hefen & Glyceringehalte in Blütenhonig

Sorte Herkunft Glycerin Hefen
[mg/kg] gezählt geschätzt
______________________________________

Blütenhonige

Wabenh. China 35 3000 1
Blüte 74 75000 2
Blüte Mexico 75 6000 1
Blüte 97 15000 1
Blüte 133 45000 2
Blüte 157 90000 2
Blüte China 180 410000 3
Blüte 185 95000 2
Klee/Linde 213 123000 2
Blüte 299 600000 5
Blüte 337 730000 4
Blüte 378 1369000 5
Blüte 526 1320000 5
Blüte Guatemala 562 1400000 4
Blüte 575 1700000 5
Blüte China 631 1500000 5
Blüte China 691 2300000 5
Blüte China 913 2100000 5
Akazie Osteuropa 18 1
Akazie Frankreich 25 1
Akazie Ungarn 32 1
Blüte Rumänien 48 1
Klee/Raps Kanada 51 1
Sommerhonig D 81 1
Raps Deutschland 83 1
Edelkastanie D 90 1
Edelkastanie D 92 1
Akazie Ungarn 99 1
Blüte Deutschland 157 2
Blüte 176 2
Blüte Vietnam 195 2
Blüte Deutschland 203 2
Blüte 243 3
Blüte 250 3
Blüte 259 3
Blüte Deutschland 275 3
Blüte Deutschland 319 4
Heide D 322 4
Blüte Yucatan 350 4
Blüte Guatemala 378 4
Blüte China 393 4
Blüte Deutschland 530 5
Blüte China 572 5
Blüte China 661 5
Blüte 720 5
Blüte Deutschland 737 5

Waldhonige
Wald Deutschland 55 3
Wald Deutschland 60 1
Tanne D 84 1
Tanne Polen 100 1
Wald Frankreich 103 2
Wald Deutschland 122 2
Wald Deutschland 250 3
Wald 274 4
Pinie Türkei 326 3
Wald Deutschland 344 4
Wald Italien 399 5

*Einstufung der Gehalte an Hefezellen:
gezählt [/10 gl entsprechend geschätzt

< 10 000 sehr wenig 1
10 000 - 100 000 wenig 2
100 000 - 500 000 mittel 3
500 000 - 1 000 000 viel 4
über 1 000 000 sehr viel 5

Zusammenfassung

Die Gehalte an Hefezellen und Glyzerin sind Kriterien, anhand deren grundsätzlich eine Gärung nachgewiesen werden kann. In geringen Mengen sind Hefen und Glyzerin normaler Bestandteil von Blütenhonigen.

Bei der (zeitaufwendigen) Zählung wie auch bei der Schätzung der Anzahl der Hefezellen ergeben sich Korrelationen zu den Glyzeringehalten. Für ein "Screening" von Blütenhonigen zur Feststellung einer Gärung oder einer abgestoppten Gärung kann die Bestimmung des Glyzerins herangezogen werden. Die Methode ist schnell, zuverlässig und für Serienanalysen tauglich.

Bei aktiv gärenden Blütenhonigen mit Glyzeringehalten >200 mg/kg sind leichte sensorische Mängel zu erkennen, bei Glyzeringehalten >300 mg/kg sind sensorische Abweichungen deutlich feststellbar.

Es wird vorgeschlagen, Glyceringehalte >300 mg/kg und Hefengehalte >500 000/ 10 g als nicht mehr typisch für Blütenhonige anzusehen. Für Waldhonige liegt nicht ausreichend Datenmaterial aus den unterschiedlichen Erzeugerländern vor. Dieser Honigtyp muß daher von den obigen Ausführungen ausgeschlossen bleiben.

Danksagung:

Ich danke für die Überlassung von Honigproben: Herrn Henrich, Langnese-Honig Bargteheide; Frau K. v.d. Ohe, Bieneninstitut Celle, Frau Bosch, Bieneninstitut Erlangen. Frau K. v.d. Ohe danke ich auch für die Herstellung der Photographien von den unterschiedlichen mikroskopischen Präparaten der Honige. Ich danke Frau Comis für die sorgfältige Durchführung der Analysen der Glyzeringehalte, Frau Mandix für die Erstellung der Tabellen und Graphiken, Herrn Dr. Müller für die Durchsicht der Arbeit (alle Labor Dr. Wiertz, Hamburg)

Literatur

 

1. Boehringer Mannheim GmbH (1997) Biochemische Analytik, Lebensmittelanalytik,
Best. Nr. 148270

2. Crane E (1975) Honey,
A Comprehensive Survey.
Morrison & Gibb,
London/Edinburgh, S 157,
236-239,277,285,295

3. Crane E (1995) The Asiatic hive bee. Enviroquest Ltd.,
Cambridge/Canada, S 233-243

4. Engler K (1993)
Dtsch Bienen J 12:7-10

5. Fernandez-Muino MA,
Sancho MT, Muniategui
Huidobro JF, Sänchez MP,
Simal-Lozano J
(1996)
J Sei Food Agric 71:141-144

6. Horn H, Lüllmann C (1992) Das große Honigbuch.
Ehrenwirth Verlag München,
S 79-81, 112

7. Laub E, Marx R (1987) Lebensm Gerichtl Chem 41:110-112

8. Huidobro JF, Esterella Rea M., Branquinho de Andrade PC, Sancho MT,Muniategui S, Simal Lozano J (1993) J Agric Food Chem 41:557-559

9. Louveaux J, Maurizio A,
Vorwohl G (1978)
Bee World 59:139-157

10. Von der Ohe W, Dustmann J H, von der Ohe K
(1991) Dtsch Lebensm Rundsch 87:383-386

11. Syndicat des Producteurs de Miel de France (1998)
Numero special

12. Zander E, Maurizio A (1974) Der Honig, Handbuch der Bienenkunde (Band 6). Chinesischer Blütenhonig mit extrem hohem Hefegehalt (Einstufung 5)

Artikel erschienen in: "Lebensmittelchemie" (1998) 52:116 - 117
Wiley-VCH Verlag GmbH 69451 Weinheim