Blütenbestäubung auf dem Mars
Anton G. Branz
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Germany
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Eine bemannte Reise zum Mars (einschließlich Landung) dauert etwa zwei Jahre. Hin- und Rückflug brauchen jeweils etwa 8 Monate. Die Dauer hängt insbesondere von der geflogenen Trajektorie (Flugbahn) ab, und diese wiederum vom verwendeten Startfenster (Startzeitraum). Der Aufenthalt selbst kann eine Dauer von ein bis drei Monaten haben.
Die Mannschaft für eine solche Reise umfaßt dabei mindestens zwei bis drei Personen. Für diese Mannschaft müssen u.a. die Lebensmittel, der Sauerstoff zum Atmen und Wasser mitgenommen werden.
Die Frische der Lebensmittel nimmt mit der Zeit natürlich laufend ab. Zwei bis drei Jahre nur Konserven zu essen ist nicht nur eine Geschmacksache, sondern auch ein überlebenswichtiges Gesundheitsproblem und ebenso eine physische wie auch psychische Belastung für die Crew.
Das Gewicht bzw. die Masse der Lebensmittel nebst deren Verpackung sind zu transportieren, ebenso der benötigte Sauerstoff in geeigneten Druckbehältern.
Die zu transportierende Wassermenge hält sich wegen der Wiederverwendbarkeit in Grenzen.
Der biologische Abfall kann eventuell als Botschaft von der Erde an andere Planeten den Weiten des denkbar großen Weltenraumes anvertraut werden.
Biologische Kreisläufe
Eine Reduktion dieser in einer ersten Version vorzusehenden Massen bzw. Gewichte an Bord kann durch die Bildung von drei Kreisläufen, in deren Mittelpunkt Pflanzen stehen, erreicht werden.
Der erste Kreislauf ist der Sauerstoff-Kohlendioxyd-Kreislauf:
Der Mensch atmet Sauerstoff (O2) ein und Kohlendioxyd (CO2) aus. Die Pflanzen dagegen nehmen dieses Kohlendioxyd auf und geben Sauerstoff wieder ab.
Eine hinreichende Anzahl Pflanzen könnte also als Sauerstoffproduzent herhalten, was die zu transportierende Sauerstoffmenge und die Anzahl der relativ schweren Druckbehälter verringert.
Der zweite Kreislauf ist der Pflanzen(frucht)-Kompost-Kreislauf:
Die Menschen essen die Früchte der Pflanzen und geben die verdauten Früchte als „Kompost" wieder ab, der dann den Pflanzen als Dünger dient.
Eine hinreichende Anzahl Pflanzen würden also nicht nur den Sauerstoff liefern, sondern auch gleichzeitig als Lebensmittelproduzent dienen können, was wiederum die zu transportierende Lebensmittelmenge verringert.
Diese beiden Kreisläufe reduzieren die Abfälle auf ein Minimum. Der von den Menschen ausgeatmete Kohlendioxyd wird von den Pflanzen aufgenommen und als Sauerstoff freigegeben.
Das Gleiche gilt für den Kompost, der von den Pflanzen zu appetitlichen Leckerbissen (u.a. (Süß- , Weiß- )Kartoffeln, Gurken, Tomaten, Möhren, Sojabohnen, ...) umgearbeitet wird. Außerdem sind die Früchte denkbar frisch.
Der dritte Kreislauf ist der Wasserkreislauf
Gebrauchtes Wasser kann vorgereinigt zum Bewässern der Pflanzen genutzt werden. Das Wasser kann evtl. auch durch die Pflanzenerde wie hienieden weiter gereinigt und zum menschlichen Konsum freigegeben werden.
Ein Teil des Wassers wird von den Pflanzen über die Wurzeln aufgenommen und über die Blätter (wie der Sauerstoff auch) abgegeben. Das von den Pflanzen freigesetzte Wasser kann dann als Kondensat (mit nachträglicher Mineralienanreicherung selbstverständlich) ebenfalls als Trinkwasser zum menschlichen Gebrauch verwendet werden.
Bei diesen drei Kreisläufen liegt also eine gegenseitige Ergänzung zum beiderseitigen Nutzen (Symbiose) von Mensch und Pflanze vor.
Aber wieso kann sich ein kleiner Imker auch nur im entferntesten für so etwas wie eine Reise zum Mars interessieren?
Bestäubung
Wenn die Pflanzen Früchte tragen sollen, müssen sie zuerst einmal blüh'n und dann bestäubt werden. Ursprünglich hat das der Wind getan. Manche Pflanzen sind Windbestäuber und brauchen in einem geschlossenen Raum einen Ventilator oder kalten Fön dazu. Andere Pflanzen dagegen brauchen Insekten, Kolibris oder menschliche Hilfe zum Bestäuben ihrer Blüten.
In altmodischen Gewächshäusern wurden früher die Nutzpflanzen nicht durch Wind oder Insekten, sondern durch Menschen mit einem kleinen Pinselchen in der Hand künstlich bestäubt. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Pollen durch Vibration zum Schweben zu bringen und sie damit auf den Weg zu ihrem Ziel zu schicken.
Heute ist das moderner geworden: Hummeln (lat.: Bombus), die als Volk in einem Karton mit vollständigem Nest im Versandhandel bestellt und geliefert werden können, besorgen alleine und zur vollen Zufriedenheit das Bestäubungsgeschäft. Die Arbeit der Hummeln ist preiswerter und wird auch zuverlässiger ausgeführt als die Bestäubung durch das menschengeführte Bestäubungspinselchen.
Beim Bestäuben von Blüten ist es durchaus nicht so, daß eine Blüte entweder bestäubt oder nicht bestäubt ist.
Beim Bestäuben gibt es auch die Zwischenstufe "schlecht bestäubt" durch zu wenige Pollen auf der Narbe des Blütenstengels. Gut entwickelte Früchte haben also durchaus eine gute Bestäubung zur Voraussetzung. Insekten können das naturgemäß ganz gut.
Während eines langen Raumfluges kann man natürlich auch die Astronauten zwecks Vermeidung von Langeweile und zur Freizeitbeschäftigung mit dem Bestäuben ihres Essens beauftragen.
Die Bestäubung durch Immen in einem geschlossenen Raum wie in einem Gewächshaus mit durchsichtigen Glaswänden und -dächern ist, so scheint's, nicht möglich.
Ein größerer Versuch in dieser Richtung hat in der Testanlage Biosphere II in den USA stattgefunden.
In einem Bienenflugraum mit undurchsichtigen Wänden und künstlicher Beleuchtung können Bienen aber durchaus erfolgreich arbeiten.
Erste Lösungsschritte für eine Marsmission
Überleben in einem geschlossenen Bienenflugraum.
Erfolgreiche Versuche zur Haltung von Bienen in einem von der übrigen Natur völlig abgetrennten und abgeschlossenen Bienenflugraum über einen längeren Zeitraum hin wurden am Niedersächsischen Landesinstitut für Bienenkunde in Celle durch J.P. van Praagh durchgeführt.
Hier wurden die Bienen mit Zuckerlösung, einfachem Wasser und feingemahlenem Pollen, und zwar außerhalb der Beute, versorgt. Der Eintrag erfolgte also durch die Bienen selbst. Eine relativ hohe Luftfeuchtigkeit hatte auch einen hohen Bruteinschlag zur Folge. Anzeichen von Schwarmlust waren nie zu verzeichnen. Die Experimentdauer betrug 18 Monate.
Am Research Centre for Insect Pollination and Beekeeping, "Ambrosiushoeve", in Hilvarenbeek in den Niederlanden gab es solche Versuche mit Hummeln durch Ing. J. van den Eijnde.
Hier wird die Nutzung von Hummeln zur Bestäubung in Gewächshäusern untersucht.
Das Überleben von Bienen unter Schwerelosigkeit
Der Einfluß der Abwesenheit von Gravitation auf das Überleben, Verhalten und den Wabenbau von Bienen wurde bereits im April 1984 während der NASA Space Shuttle Mission STS-13 untersucht.
Zu diesem Zweck wurden zwei identische Beuten gebaut: Eine für den Flug im Shuttle in der Erdumlaufbahn, die andere als Vergleichsobjekt (Referenzmodell) am Boden. Diese bienendichten Beuten hatten ein Aluminiumgehäuse und eine transparente Kunststoffabdeckung auf der Oberseite. Die Größe betrug 12x38x46cm.
Eingebaut waren drei Holzrähmchen, eines mit 7,5cm x 7,5cm ausgezogener Brutwabe, zwei mit ebenso großer Mittelwand, allerdings ohne aufgeprägtes Zellenmuster. Auf der einen Seite der Beute gab es drei Rähmchen, auf der anderen Seite einen Fütterer (mit Zuckersirup), der Raum dazwischen diente als Flugraum. Zusätzlich gab es noch Lüftungsöffnungen, einen Ventilator und zwei Thermometer.
Eingesetzt waren eine Königin und 3400 Arbeiterinnen. Es wurden etwa 200 cm2 Waben ausgebaut und ein Teil des Zuckersirups eingetragen. Die Königin legte 35 Eier (Stifte) in die neu ausgebaute Wabe. Diese Eier wurden nach Rückkehr auf die Erde versucht großzuziehen, was aber nicht funktionierte. Während des gesamten Fluges gab es nur geringen Totenfall.
Die Zellendichte der neuausgebauten Wabe betrug im Orbit 860 Zellen je dm2, in der Referenzbeute am Boden 800 Zellen je dm2.
Nach anfänglichen Fehlflügen, Abstürzen und Kollisionen in den ersten Tagen lernten die Bienen unter Schwerelosigkeit richtig und ohne Probleme in dem kleinen Flugraum zwischen Waben und Fütterer zu fliegen und zu landen.
Der nächste Schritt auf dem Weg zum Mars
Für Hummeln steht eine solche Untersuchungen in der Erdumlaufbahn noch aus.
Die Bestäubung unter Schwerelosigkeit.
Neben dem Überleben der Insekten im Orbit ist noch das Eigentliche, nämlich das Bestäuben von Blüten durch Bienen oder Hummeln, und zwar unter Schwerelosigkeit, zu untersuchen.
Propolis.
In einem Bienenflugraum wird keine Propolis gesammelt, wenn die dafür notwendigen Pflanzen, d.h. spezielle Bäume, fehlen. Vielleicht kann hier eine Neuzüchtung solcher Bäume in Form bzw. Größe eines Bonsai hilfreich sein.
Dauer.
Eine Überlebensdauer von 3 Jahren ist für eine Bienenkönigin kein Problem.
Eine Hummelkolonie hat eine Überlebensdauer von mehreren Monaten. Wie ein überlappender Betrieb von mehreren Hummelkolonien über diesen Zeitraum von mehreren Jahren realisiert werden kann, gilt es noch zu untersuchen.
Pflanzenzuchtversuche.
Zur Zeit laufen bei der NASA Experimente mit folgenden Pflanzen: Bohnen, Reis, Weißkohl, Spinat, Rettich, Zwiebeln, Möhren, Mangold, Tomaten, Süßkartoffeln, (Weiß- )Kartoffeln, Erdnuß, Kopfsalat, Weizen, Sojabohne. Offene Fragen sind: Verfügbarkeit von Astronautenarbeitszeit, Haltbarkeit(sdauer), Lebensmittelsicherheit (- vergiftung), Lagerung, Konservierung, Energieverbrauch und Verarbeitung der Lebensmittel: Mehl malen, Brot backen, Sojaöl gewinnen, usw.
Referenzliste
/P_72/ Praagh, J.P., van, (1992) Towards a controlled-environment room suitable for normal colony life of honeybees. J.apic.Res.,11: pp77-87.
/Pa75/ Praagh, J.P., van, (1975) Light-ripple and visual acuity in a climate room for honeybees (Apis Mellifera L.). Neth.J.Zool.,25(4): pp506-515.
/Pb75/ Praagh, J.P., van, (1995) Die Feuchtigkeit der Stockluft und die Bruttätigkeit der Bienen (Apis Mellifera L.) in einem Flugraum. Apid. 6: pp283-293.
/V+85/ Vandenberg, J.D., et al, (1985) Survival, behavior and comb construction by honey bees, Apis mellifera, in zero gravity aboard NASA Shuttle Mission STS-13. Apid. 16: pp369-384.
/P_87/ Praagh, J.P., van, Brinkschmidt, B., (1987) Pollen Collecting Behavior of Apis mellifera in a Bee Flight Room. Eder/Rembold, Chemistry and Biology of Social Insects, Verlag J.Peperny, München 1987, pp571-572.
/E_90/ Eijnde, J.v.d., (1990) Ganzjährige Züchtung von Hummelvölkern für die Bestäubung in Gewächshäusern: eine rasche Entwicklung. ADIZ 6: pp12-14
/WS92/ Witte, Günther R., Seger, Juliane, (1992) Hummelmanagement. Unterricht Biologie 174: pp52-53.